von Jan Griesel
Ich freue mich, Ihnen heute wieder einen neuen Rechtstipp von anwalt.de präsentieren zu dürfen:
EuGH konkretisiert die zulässige Verwendung fremder Marken in AdWords
Ein Streit über die Nutzung von Markennamen als Keywords in Suchmaschinen führte zu neuen Antworten des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Marks & Spencer (M&S), eines der größten Einzelhandelsunternehmen in Großbritannien, bewarb seinen eigenen Blumenversandservice mittels Google AdWords mit dem Markennamen von Interflora, einem weiteren großen Blumenversender und Mitbewerber auf der Insel. Bei der Suche nach Interflora erschienen somit auf das identische Angebot von M&S hinweisende Treffer.
Der EuGH verdeutlichte anhand der Markenfunktionen, warum das zulässig ist. Marken gewährleisten Verbrauchern gegenüber hauptsächlich die richtige Herkunft einer Ware oder Dienstleistung. Erst wenn der Normalverbraucher nicht mehr erkennen könne, ob das Angebot noch vom Markeninhaber oder ob es von einem seiner Partner stamme, sei diese Funktion verletzt. Beim bloßen Einsatz als Keyword in der Suchmaschinenwerbung würden andere Faktoren – wie die Websitegestaltung – solche Irrtümer ausschließen.
Das hatte der EuGH schon früher erklärt. Nun ging er aber auch auf die Nebenfunktionen einer Marke ein. Unter ihnen schütze die Investitionsfunktion den Ruf, den sich der Inhaber mit seiner Marke erarbeitet habe. Ein daraus folgendes absolutes Verbot würde den Wettbewerb aber zu stark einschränken. Denn Verbraucher würden Alternativangebote ohne den Weg über ihnen bereits bekannte Marken schwerer wahrnehmen. Verwende man die Marke dagegen nur als Schlüsselwort in rufwahrendem Zusammenhang, sei das im Interesse eines lauteren Wettbewerbs sogar erwünscht.
Interflora behauptete ferner, diese Praxis verwässere die Marke. Die Unterschiede zwischen den Anbietern würden verschwimmen, bis der Verbraucher Interflora nicht mehr als eigenes Unternehmen begreife. Der EuGH sah darin nur eine fernliegende Gefahr, die vom Interesse an einem gesunden Wettbewerb überwogen werde.
Auch den Einwand des „Trittbrettfahrens“ wies der Gerichtshof ab. Hierzu müsste der Marke mittels nachahmender Produkte die Unterscheidbarkeit oder Wertschätzung genommen werden. Ein durchschnittlicher Verbraucher könne aber spätestens nach dem Klick auf die Anzeige erkennen, dass der Auftritt eines anderen Unternehmens erscheine, der zudem keine verunglimpfenden Aussagen beinhalte.
(EuGH, Urteil v. 22.09.2011, Az.: C-323/09)
Christian Günther (GUE)
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